13. August 2014

Berlin im Primark-Fieber

Ich habe meine Mittagspause heute mal wieder auf dem Alex verbracht. Ich bin dort sehr gerne; zum einen weil dort immer etwas los ist und zum anderen weil dort oft richtig gute Bands spielen.

Heute war das etwas anders. Ich kam auf den Alex und das erste, was mir in die Augen sprang, waren Primark-Tüten. Diese hellbraunen Papiertüten mit der türkisen Aufschrift, die inzwischen wohl in ganz Europa bekannt sind. Und sie waren nicht nur in der Nähe vom Primark-Eingang zu finden, nein, sie waren einfach überall. Sie hingen an Kinderwägen, wurden an Rucksäcke gebunden, in Fahrradkörbe geladen und einfach nur in der Hand getragen. Egal ob Familienvater, Renterehepaar oder jugendliche Clique: einfach alle scheinen in Berlin vom Primark-Fieber befallen zu sein, seit die Kette im Juli seine Filiale auf dem Alexanderplatz eröffnet hat. Wer dort einkauft, kauft nicht ein einzelnes T-Shirt, sondern kommt mit zwei bis fünf großen, randvollen Tüten wieder raus.

Primark-Fotos

Primark ist eine irische Textildiscounter-Kette, die seit 2009 auch in Deutschland einigen Filialen betreibt. Was Primark so beliebt und bekannt macht, sind zum einen die riesigen Läden (der größte hat eine Verkaufsfläche von 9.300m²) und zum anderen die unglaublich günstigen Preise.
Ich kannte Primark bereits aus Irland (dort heißen die Läden allerdings Penneys und sind zwar immer gut besucht, aber nie so überlaufen wie in Deutschland), weswegen mich der Hype darum in Deutschland ziemlich kalt ließ. Ich wusste, dass es dort alles zu günstigen Preisen gibt (und mit „alles“ meine ich tatsächlich ALLES – egal ob T-Shirt, Duschvorhang, Bettdecke, Koffer oder Haribo, es gibt dort einfach wirklich alles), ich wusste aber auch, das die Qualität der Produkte sehr zu wünschen übrig lässt und dass die Produktionsbedingungen alles andere als gut sind. Meist war mir der Laden einfach zu voll, sodass ich ihn in Dublin größtenteils mied.
Primark

Mit den ersten Werbeplakaten am Alex, die die Eröffnung einer Filiale im Sommer 2014 ankündigten, entstanden zum einen ein riesiger positiver Primark-Hype und zum anderen eine Welle des Protests. Vor der zukünftigen Filiale sah man ständig Menschen mit Papp-Schildern, die auf die schlechten Produktionsbedingungen der Firma hinwiesen und den Kapitalismus anprangerten.
Ich informierte mich daraufhin ein bisschen über die Firma und zählte mich schnell zu den Gegnern. Die Firma produziert nicht nur unter miserablen Arbeitsbedingungen (z.B. in der Fabrik in Bangladesch, die letztes Jahr einstürzte und tausend Menschen unter sich begrub), sie verwendet auch noch Materialien, die giftige Gase absondern (aufgrund des Geruchs fallen regelmäßig Verkäuferinnen, die die Waren auspacken, in Ohnmacht). Auch in den Medien wurde der Primark-Hype oft thematisiert und von allen Seiten beleuchtet.
Umso mehr schockierte es mich heute, dass man unter der Woche zur Mittagszeit fast anstehen muss, um in den Laden zu kommen. Er war überfüllt mit Menschen, die nicht nur mal eben ein T-Shirt kauften, sondern die sich - bis unters Kinn mit Klamotten beladen – einen Weg durch den die Menschenmassen bahnten, um noch mehr Schnäppchen zu ergattern. Der Boden war bedeckt mit Kleidungsstücken, die heute Abend garantiert im Müll landen. Die Security am Eingang hatte Mühe, den Ein- und Ausgang frei zu halten. Vor dem Laden saßen überall Menschen, umgeben von riesigen Tüten und packen Klamotten von einer Tasche in eine andere oder zogen sie gleich an. (Nicht, ohne sie davor komplett mit Deo einzusprühen – gegen den synthetischen Geruch. Seriously?) Ein junger Mann stand ein wenig verzweifelt neben seinen beiden weiblichen Begleitungen, die ihm voller Begeisterung ihre Errungenschaften präsentierten und fragte genervt „Wollten wir nicht eigentlich vor zwei Stunden Fernsehturm-Tickets kaufen?“.

Egal wo man sich auf dem Alex aufhält, überall springt einem der Primark-Schriftzug ins Auge. Ich dachte eigentlich, ich kann diesen Laden erfolgreich ignorieren und boykottieren. Doch so einfach geht das wohl nicht. Dieser ganze Hype, dieses Übertreiben, muss das sein? Einfach nur, weil’s billig ist?

1 Kommentar:

  1. Ich war im Juli zu Besuch bei einer Freundin in Berlin und wir waren in ebendiesem Primark am Alex. NIE WIEDER! Da sind die Primarks in meiner Umgebung eine wahre Freude. So viele Menschen in einem Laden waren eindeutig zu viel für meine Nerven und ich war schon beim Betreten des Ladens aggressiv. Definitiv keine Wiederholung erwünscht, wenn ich erneut in Berlin bin!

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