Ich habe meine Mittagspause heute mal wieder auf dem Alex
verbracht. Ich bin dort sehr gerne; zum einen weil dort immer etwas los ist und
zum anderen weil dort oft richtig gute Bands spielen.
Heute war das etwas anders. Ich kam auf den Alex und das
erste, was mir in die Augen sprang, waren Primark-Tüten. Diese hellbraunen
Papiertüten mit der türkisen Aufschrift, die inzwischen wohl in ganz Europa
bekannt sind. Und sie waren nicht nur in der Nähe vom Primark-Eingang zu
finden, nein, sie waren einfach überall. Sie hingen an Kinderwägen, wurden an
Rucksäcke gebunden, in Fahrradkörbe geladen und einfach nur in der Hand getragen.
Egal ob Familienvater, Renterehepaar oder jugendliche Clique: einfach alle
scheinen in Berlin vom Primark-Fieber befallen zu sein, seit die Kette im Juli seine
Filiale auf dem Alexanderplatz eröffnet hat. Wer dort einkauft, kauft nicht ein
einzelnes T-Shirt, sondern kommt mit zwei bis fünf großen, randvollen Tüten
wieder raus.
Primark ist eine irische Textildiscounter-Kette, die seit
2009 auch in Deutschland einigen Filialen betreibt. Was Primark so beliebt und
bekannt macht, sind zum einen die riesigen Läden (der größte hat eine
Verkaufsfläche von 9.300m²) und zum anderen die unglaublich günstigen Preise.
Ich kannte Primark bereits aus Irland (dort heißen die Läden
allerdings Penneys und sind zwar immer gut besucht, aber nie so überlaufen wie
in Deutschland), weswegen mich der Hype darum in Deutschland ziemlich kalt
ließ. Ich wusste, dass es dort alles zu günstigen Preisen gibt (und mit „alles“
meine ich tatsächlich ALLES – egal ob T-Shirt, Duschvorhang, Bettdecke, Koffer
oder Haribo, es gibt dort einfach wirklich alles), ich wusste aber auch, das
die Qualität der Produkte sehr zu wünschen übrig lässt und dass die
Produktionsbedingungen alles andere als gut sind. Meist war mir der Laden
einfach zu voll, sodass ich ihn in Dublin größtenteils mied.
Mit den ersten Werbeplakaten am Alex, die die Eröffnung
einer Filiale im Sommer 2014 ankündigten, entstanden zum einen ein riesiger positiver
Primark-Hype und zum anderen eine Welle des Protests. Vor der zukünftigen
Filiale sah man ständig Menschen mit Papp-Schildern, die auf die schlechten Produktionsbedingungen
der Firma hinwiesen und den Kapitalismus anprangerten.
Ich informierte mich daraufhin ein bisschen über die Firma
und zählte mich schnell zu den Gegnern. Die Firma produziert nicht nur unter miserablen
Arbeitsbedingungen (z.B. in der Fabrik in Bangladesch, die letztes Jahr
einstürzte und tausend Menschen unter sich begrub), sie verwendet auch noch
Materialien, die giftige Gase absondern (aufgrund des Geruchs fallen regelmäßig
Verkäuferinnen, die die Waren auspacken, in Ohnmacht). Auch in den Medien wurde
der Primark-Hype oft thematisiert und von allen Seiten beleuchtet.
Umso mehr schockierte es mich heute, dass man unter der
Woche zur Mittagszeit fast anstehen muss, um in den Laden zu kommen. Er war
überfüllt mit Menschen, die nicht nur mal eben ein T-Shirt kauften, sondern die
sich - bis unters Kinn mit Klamotten beladen – einen Weg durch den die
Menschenmassen bahnten, um noch mehr Schnäppchen zu ergattern. Der Boden war
bedeckt mit Kleidungsstücken, die heute Abend garantiert im Müll landen. Die
Security am Eingang hatte Mühe, den Ein- und Ausgang frei zu halten. Vor dem
Laden saßen überall Menschen, umgeben von riesigen Tüten und packen Klamotten von
einer Tasche in eine andere oder zogen sie gleich an. (Nicht, ohne sie davor
komplett mit Deo einzusprühen – gegen den synthetischen Geruch. Seriously?) Ein
junger Mann stand ein wenig verzweifelt neben seinen beiden weiblichen
Begleitungen, die ihm voller Begeisterung ihre Errungenschaften präsentierten
und fragte genervt „Wollten wir nicht eigentlich vor zwei Stunden
Fernsehturm-Tickets kaufen?“.
Ich war im Juli zu Besuch bei einer Freundin in Berlin und wir waren in ebendiesem Primark am Alex. NIE WIEDER! Da sind die Primarks in meiner Umgebung eine wahre Freude. So viele Menschen in einem Laden waren eindeutig zu viel für meine Nerven und ich war schon beim Betreten des Ladens aggressiv. Definitiv keine Wiederholung erwünscht, wenn ich erneut in Berlin bin!
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