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17. Januar 2015

Je suis Charlie

Je suis Charlie
Bildquelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Anschlag_auf_Charlie_Hebdo
Als mich die Nachricht des Anschlags auf die französische Satirezeitung Charlie Hebdo erreichte, saß ich gerade im Bus auf der Fahrt von München nach Berlin. Irgendwo zwischen Hermsdorf und Leipzig hatte ich genug Internetempfang, um meinen Facebook Newsfeed laden zu können. Die Nachricht war bereits einige Male geteilt worden und erschien an erster Stelle auf meiner Startseite. Ein Anschlag auf eine Redaktion, 12 Tote. Ich laß den Artikel und war erschrocken. Hauptsächlich darüber, dass der Anschlag in einem unserer Nachbarländer stattgefunden hatte und darüber, dass er gezielt gegen eine Redaktion ging. Über Nacht rückte das Thema von mir weg. Bei Frühstück überflog ich die tagesaktuellen Schlagzeilen. Hintergrund Infos zum Anschlag, Fahndungsbilder, Details über die vermutlichen Attentäter. Und trotzdem war das Thema für mich zu diesem Zeitpunkt nur eins von vielen; ein Thema wie jedes andere, über das man in der Zeitung liest. 

Das änderte sich schlagartig, als ich auf die Arbeit fuhr. Neben der Tür zur Redaktion in der ich arbeite, standen zwei bewaffnete Polizisten mit schusssicheren Westen. Ein paar Meter weiter parkte ein Streifenwagen, in dem noch mehr Beamte saßen. Die Tür ließ sich nicht wie sonst einfach aufdrücken, sondern war verschlossen und öffnete sich erst, nachdem ich mich mit meiner Chipkarte als Mitarbeiter ausgewiesen hatte. Am Empfang saßen zwei Security-Männer, die mich kritisch musterten. Erst in diesem Moment begriff ich so richtig, was am Tag davor geschehen war: es war ein Attentat auf eine Redaktion verübt worden, mit dem Ziel, Journalisten zu töten. Journalisten, die die "falsche" Meinung hatten und die "falschen" Karikaturen veröffentlichten. Und plötzlich fühlte ich mich nicht mehr sicher an meinem eigenen Arbeitsplatz. Die regelmäßig patrouillierenden Polizisten und die verschärften Sicherheitsmaßnahmen trugen nicht dazu bei, dieses Gefühl verschwinden zu lassen. 

Jeden Tage sterben Journalisten in Kriegs- und Krisengebieten, werden gezielt getötet oder verschwinden spurlos. Doch kaum jemand erfährt davon. Es ist auch normalerweise kein Thema, für das sich die Leserschaft großartig interessiert. Diesmal ist das anders. Charlie Hebdo dominiert die Nachrichten und die sozialen Medien sind voller Solidaritäts- und Beileidsbekundungen. Was macht den Anschlag in Paris zu solch einem großen Thema? Zum einen natürlich die geografische Nähe. Was in Frankreich passiert, interessiert Deutschland, denn wirklich weit haben es die Terroristen von da zu uns nicht. Zum anderen, und dieser Punkt ist viel entscheidender, ist der Anschlag ein so großes Thema, weil es einen konkreten Feind gibt. Islamistische Terroristen haben Journalisten erschossen. Ein gefundenes Fressen für die aktuelle Anti-Islamierungsbewegung und allen voran für Pegida. "Wir haben euch gewarnt und hatten von Anfang an Recht." Pegida instrumentalisiert das Attentat für seine Zwecke. Und begeht damit den größtmöglichen Fehler. Das Ziel von Terroristen ist selten die Tötung einzelner Menschen. Im Vordergrund eines Anschlags steht vielmehr, ein Feindbild zu erschaffen, deutlich zu machen, wer der Gute und wer der Böse ist, Menschen gegeneinander aufzuhetzen. Terrorismus hat das Ziel, Krieg zu erzeugen. Islamfeindliche Anschuldigungen und Verallgemeinerungen à la "Der Islam ist Schuld" spielen diesem Ziel in die Hände. Die Debatte über die Islamisierung Europas hat nichts mit dem Anschlag in Paris zu tun. Nicht der Islam trägt die Schuld an den 12 Toten, sondern allein die Terroristen, die diese getötet haben. Dafür die Millionen Muslime, die friedlich in Europa leben, zu verurteilen ist schlichtweg falsch. Muslimische Einrichtungen anzugreifen, um Vergeltung zu üben ist ebenso falsch. Solidarität kann man anders zeigen.  

Ich konnte das mulmige Gefühl, dass ich seit ich die Redaktion heute betreten hatte, hatte, den ganzen Tag nicht abschütteln. Gedanken wie "Sind wir vielleicht die nächsten?" und "Haben wir vielleicht auch etwas 'Falsches' geschrieben?" kamen immer wieder. Trotzdem werde ich morgen wie gewohnt in die Redaktion fahren. Ich werde den Polizisten einen Guten Morgen wünschen, die Tür mit meiner Chipkarte öffnen, mich an meinen Schreibtisch setzen und schreiben. Um zu informieren. Um aufzuklären. Um Solidarität zu zeigen. Und um den Terror nicht gewinnen zu lassen. 

(Text vom 08.01.2015)

27. Dezember 2014

It's been a while ...

... seit ich das letzte Mal etwas geschrieben habe. Grund dafür sind in erster Linie zwei stressige, von meine Bachelorarbeit dominierte Monate, die jetzt glücklicherweise hinter mir liegen. Und ein Urlaubsmonat, aber dazu später.
Ich musste feststellen, dass es tatsächlich nicht ganz einfach ist, eine Bachelorarbeit zu schreiben, nebenbei Geld zu verdienen und seine sozialen Kontakte nicht komplett zu vernachlässigen. Die zwei Monate waren geprägt von regelmäßigen "ich-schaffe-das-nie"-Panikattacken, von kurzzeitigen "ich-bin-ja-schon-voll-weit"-Glücksgefühlen, von ausgiebigen Frustabbau-Fitnessstudiobesuchen, von mitternächtlichen Dönern (ein Hoch auf die Stadt, in der man zu jeder Tages- und Nachtzeit etwas zu essen bekommt!), von verzweifelten "Google-muss-das-doch-wissen"-Suchaufträgen, von dem Satz "Ich kann wirklich nur auf ein Bier vorbeikommen, ich schreib doch gerade meine BA und muss morgen früh raus", von Freitagabenden vorm PC statt in der Lieblings-Bar, von frustrierenden Bibliotheksbesuchen und von dem täglichen Versuch, sich nicht von Facebook, Twitter, 9gag und Co ablenken zu lassen. Und ziemlich genau in dem Moment, in dem ich das .DOC "Bachelorarbeit" auf meinem Desktop nicht mehr anschauen konnte ohne in Wut oder Verzweiflung zu versinken, ist sie dann auch tatsächlich endlich fertig geworden. Sogar eine Woche vor dem Abgabetermin. Dann noch eine letzte Panikattacke bei der Abgabe (Hab ich unterschrieben? Sind die Seiten in der richtigen Reihenfolge? Ist auch wirklich kein Rechtschreib-Fehler auf dem Deckblatt? etc.) und dann war sie endlich weg. Tatsächlich abgegeben. Vor lauter Freunde und Erleichterung hab ich sogar vergessen, das obligatorische "ich-stehe-mit-meiner-Bachelorarbeit-in-der-Hand-vor-der-Uni"-Foto zu machen, um Facebook mitzuteilen, dass ich bald ein fertiger BA bin und mein Sozialleben mich zurück hat. Egal, fertig ist fertig und das Sozialleben wusste sowieso schon bescheid und hatte bereits am Abend zuvor ausgiebig mit mir gefeiert.
Zur Belohnung gab's Sushi und fünf Stunden später saß ich im Flieger nach Thailand. Auf ging's in den verdienten Bachelorarbeits-Urlaub. :)

Im Nachhinein betrachtet waren die zwei Monate übrigens gar nicht so schlimm. Die Panikattacken gab es zwar, aber eher selten. Zombieartige Zustände aufgrund von dauerhaftem Schlafmangel blieben mir erspart. Ich hatte sogar ab und zu Zeit zum Kochen, sodass ich mich nicht acht Wochen von Dosensuppe und Döner ernähren musste. Und Zeit für das ein oder andere Feierabendbier. :)
Die Bilanz ist also positiv. 

14. November 2014

25 Jahre Mauerfall

Das 25jährige Mauerfall-Jubiläum wurde in Berlin fast eine Woche lang auf die unterschiedlichsten Arten gefeiert. Fotoausstellungen, Führungen, Gespräche mit Zeitzeugen - aber das Highlight war die 15 Kilometer lange Lichterkette die von Freitag bis Sonntag leuchtet. Sie verlief entlang der ehemaligen Mauer und bestand aus insgesamt 8.000 Ballons, die am Sonntag Abend in den Himmel stiegen. Ich war natürlich mit Kamera vor Ort und muss sagen, dass mich die Idee wirklich begeistert hat. Eine Mauer aus Licht, die ganz Berlin zusammenbringt und dann stückenweise in den Himmel verschwindet - einfach wunderschön.




24. Oktober 2014

Neuer Job, neue Wohnung, neue Challenge

Anfang des Monats war es für mich mal wieder Zeit, mein Leben umzukrempeln: ein Umzug stand auf dem Plan, ein neuer Job und eine neue, unglaublich wichtige und im gleichem Maße einschüchternde Aufgabe.

Eigentlich bin ich ja ein Freund von Umzügen, weil Umzüge ein bisschen frischen Wind in den gewohnten Alltag bringen. Neue Umgebung, neue Leute, neue Lieblings-Bars und –Cafés. Und dieses Mal ging es, verglichen mit meinen letzten größeren Umzügen - auch wirklich nicht weit weg: meine neue Wohnung ist genau zwei U-Bahn-Stationen von meiner alten entfernt. Trotzdem fiel mir der Umzug nicht ganz leicht. Das ist immer ein komisches Gefühl, wenn die Menschen, mit denen man zusammen gewohnt hat und die man morgens beim Frühstück und abends beim Chillen auf der Couch immer um sich hatte, plötzlich nicht mehr in der gleichen Wohnung sind. Und bis es in der neuen WG so ist wie in der alten, das dauert erfahrungsgemäß ein Weilchen. Inzwischen ist das Zimmer, in das ich eingezogen bin, nicht mehr irgendein Zimmer, sondern mein Zimmer und die Leute, die da noch so in der Wohnung sind, sind meine Mitbewohner. Das Kiez zu erkunden war dieses Mal wirklich sehr spannend, weil ich in einen Teil der Stadt gezogen bin, in dem 24 Stunden am Tag was los ist. Straßenmusik um vier Uhr morgens gehört da genauso dazu wie Solidarität-für-Kobane-Demos, die die Straßen für Stunden verstopfen und Dönerbuden, die einfach immer offen haben. 

Ein paar Tage nach dem Umzug kam dann direkt mein erster Tag auf meiner neuen Arbeit. Das Ende meines letzten Praktikums hatte ich schon seit Wochen ungeduldig herbei gesehnt und konnte es gar nicht erwarten, Anfang Oktober endlich kein Praktikant mehr zu sein, sondern einen richtigen Job zu haben. Der neue Job erfüllt bis jetzt auch alle Erwartungen: nette Kollegen, interessante Aufgaben und ein Arbeitsplatz bei einer Firma, an der ich vor einigen Monaten noch neidisch guckend vorbei gelaufen bin und mir gedacht hab „Da zu arbeiten wäre echt der Wahnsinn“. 

Also alles perfekt, bis auf diese neue Aufgabe. Sie heißt Bachelorarbeit, sieht absolut unbezwingbar aus und guckt mich die meiste Zeit einschüchternd und vorwurfsvoll an. Seit ich angefangen habe zu studieren, hab ich das Thema Bachelorarbeit immer ganz weit von mir weg geschoben. „Dauert ja noch“. Und jetzt ist sie plötzlich da und will geschrieben werden. Hurra, da ist der Ernst des Lebens wieder: Tag für Tag in der Bibliothek sitzen und das Gefühl haben, dass alle um einen rum viel produktiver sind; stundenlang auf eine leere Word-Seite gucken, weil man nicht weiß, wie man den Satz anfangen soll, und feststellen, dass das Buch, auf das man ewig gewartet hat und das die nötige Erleuchtung bringen sollte, kein bisschen hilfreich ist. Aber zwischen die „Ich schaff das nicht, ich hab zu wenig Zeit, wofür brauch ich überhaupt einen Bachelor“-Gedanken, schleicht sich auch ab und zu ein „In sechs Wochen bist du fertig, dann darfst du erstmal Urlaub machen und bist dann fertiger Bachelor“-Gedanke. Und der motiviert dann doch ein kleines bisschen.

16. September 2014

Freiluft-Kino im Regierungsviertel

Als ich vor einigen Wochen abends durch Berlin geradelt bin, ist mir aufgefallen, dass im Regierungsviertel an der Spree ganz viele Menschen auf den Stufen saßen und einen Film geguckt haben, der von dort aus an die Fassade des gegenüberliegenden Hauses gestrahlt wurde. Google hat mir verraten, dass dort jeden Abend ein Kurzfilm über die Geschichte der Demokratie in Deutschland gezeigt wird. Letzte Woche hab ich dann endlich die Zeit gefunden, mir diesen anzugucken.

Freiluftkino im Regierungsviertel

Der Film behandelt die politischen Ereignisse zwischen dem Ende des ersten Weltkriegs und heute in Deutschland. Es geht also um die Weimarer Republik, die Machtergreifung Hitlers, den zweiten Weltkrieg, die Teilung Deutschlands und die Wiedervereinigung. Der Fokus liegt dabei nicht - wie sonst so oft in historischen Filmen über Deutschland – auf Krieg, Nationalsozialismus und Judenverfolgung, sondern es werden vielmehr alle Ereignisse aus dieser Zeit zu gleichen Teilen behandelt. Im Mittelpunkt des Films steht eigentlich die Geschichte des Reichstags und in Verbindung damit werden die historischen Ereignisse erzählt. Über die meisten Geschehnisse berichtet ein Erzähler, ab und zu gibt es auch Ausschnitte aus wichtigen politischen Reden.
Das Ganze ist untermalt mit passender Musik, die es schafft, aus einem Sachfilm ein emotionales Filmspektakel zu machen. Außerdem wird je nach Thema die Hausfassade zusätzlich zum Film mit Feuerwerken und anderen Lichtspielen angestrahlt.

Freiluftkino im Regierungsviertel

Ich fand den Film sehr beeindruckend (und die gefühlten 300 Passanten, die stehengeblieben sind um mitzugucken, scheinbar auch ^^) und würd ihn mir sofort nochmal angucken. Er ist nicht nur inhaltlich richtig gut gemacht, sondern auch das Setting ist einfach genial. Man sitzt hinter dem Reichstag zwischen den Regierungsgebäuden an der Spree und fühlt sich dadurch viel näher am Geschehen, als wenn man so etwas daheim auf der Couch guckt.

Der Film wird noch bis zum 3. Oktober jeden Abend zweimal (20:45 und 21:15 Uhr) an der Spree gezeigt.Mehr Inofs dazu gibt's hier.

20. August 2014

[Entdeckt] "Reingold" - Cocktailbar im 20er Jahre Stil

Gestern wurde ich in eine sehr tolle Cocktailbar in Berlin entführt. Ein Kumpel schwärmte mir schon länger vom „Reingold“ vor und gestern haben wir’s dann nach der Arbeit endlich mal dahin geschafft.

Wenn man nicht weiß, wo die Bar ist, würde man sie wahrscheinlich kaum finden oder schlicht und einfach übersehen. Ein leuchtendes Schild an der Hauswand weist zwar darauf hin, dass das Reingold hier ist, man findet jedoch keine Tür, zumindest keine, die sich öffnen lässt. Stattdessen steht man vor einer riesigen, gusseisernen Tür ohne Klinke, neben der aber immerhin ein beleuchtetes „open“-Schild hängt. Und ein kleiner Zettel, auf dem steht, dass man doch bitte klingeln soll.


 Wir klingelten also und kurz darauf wurde uns die Tür auch tatsächlich geöffnet. Aber nicht per elektronischem Türöffner, sondern durch einen Kellner höchstpersönlich. Sein Outfit – weißes Hemd, schwarze Fliege, schwarze Hosenträger – ließ schon ein wenig auf das Ambiente in der Bar schließen. Und tatsächlich war die Bar selbst komplett im 20er Jahre Stil eingerichtet und dekoriert. Das Licht war gedämpft und die dunkelroten Wände mit den großen schwarz-weißen Gemälden erzeugten eine sehr gemütliche Atmosphäre. Im Hintergrund spielte Swing und Chicago-Jazz und man fühlte sich in der Bar vom ersten Betreten an wohl. Keine Hektik, keine zu laute Musik, sondern eine sehr ruhige, entspannte Atmosphäre. Also genau die richtige Location, um einen gemütlichen After-Work-Drink zu genießen.


Die Cocktailkarte ist beachtlich und bietet vor allem mehr als das typische „Cuba Libre – Sex on the Beach – Long Island Iced Tea“-Angebot. In vielen Cocktails sind Zutaten zu finden, die man nicht unbedingt in einem Cocktail erwartet: z. B. Balsamico, Ingwer und Vanillesirup, man kann hier also auf jeden Fall mal etwas Ausgefalleneres ausprobieren. Zu jedem Cocktail gibt es außerdem einen kurzen Satz, der den Geschmack beschreibt: „Süß und Bitter vereinen sich hier zu einer köstlichen Komposition“. Das Auswählen dauert dann natürlich auch ein bisschen länger, die Kellner lassen einem aber auch alle Zeit der Welt.
Ich wählte einen Cocktail mit pürierten Himbeeren, Passionsfrucht, Vanillesirup und Zitronensaft – und war sehr begeistert davon. Meine Begleitung probierte einen Old Fashioned (an dem man ja bekanntlich viel falsch machen kann) und war damit auch sehr zufrieden.



Am Ende des Abends musste ich feststellen, dass ich definitiv wieder kommen werde. :) Sowohl die Cocktails als auch die Atmosphäre haben mich vollkommen überzeugt.

11. August 2014

New Home

In meinem letzten Post hatte ich ja schon erwähnt, dass ich beschlossen hab, länger in Berlin zu bleiben.
Da ich mein erstes WG-Zimmer nur zur Zwischenmiete für ein halbes Jahr hatte, musste ich also Ende Juli umziehen. Ich finde Umzüge eigentlich immer sehr spannend. Zum einen weil ich neugierig auf die neue Wohnung und die neuen Mitbewohner bin und zum anderen weil ich gerne neue Städte oder Stadtteile kennen lerne.

Obwohl ich mich also auf meinen Umzug gefreut hab, war die letzte Nacht in meiner alten WG dann aber trotzdem nicht ganz leicht. Das ist schon ein komisches Gefühl, wenn das Zimmer schon fast leer geräumt ist, alle Fotos und Poster abgehangen wurden und es plötzlich ganz schrecklich hallt, wenn man einen Schritt durchs Zimmer macht. Ich konnte ewig nicht einschlafen und hab drüber nachgedacht, was ich alles in diesem Zimmer erlebt hab. In jedem Zentimeter des Zimmers steckte eine Erinnerung an vergangene Tage. Zum Beispiel in dem Kronkorken, den ich beim Packen unterm Bett gefunden hab. Wohl von einem der vielen Feierabend-Biere, die ich mir hier mit guten Freunden gegönnt hab. In der Zigaretten-Schachtel, die ungeöffnet auf dem Schrank lag, weil ich sie bei meinem Einzug dort platziert hatte, mit dem Vorsatz, sie nicht mehr anzufassen. (Was ich entgegen aller Erwartungen auch geschafft habe. :D Ich habe sie für meinen Nachmieter dort liegen gelassen. ^^) In dem Fensterbrett, auf dem ich so oft saß, um den Kopf frei zu bekommen. In der Delle an der Wand, gegen die ich ein Hardcover-Buch geworfen hatte, um meinem Mitbewohner mitzuteilen, dass ich um 4 Uhr morgens ein Recht auf Schlaf habe und er seine Party bitte beenden soll. In dem Fleck auf dem Teppich, der bei einem meiner regelmäßigen Serienabende entstanden ist, weil ich es einfach nicht lassen kann, meine Spaghetti vor dem Fernseher zu essen. Überall Erinnerungen an die letzten sechs Monate.

Und dann war plötzlich der nächste Tag da. Aufstehen, Arbeit, Umzug. Die letzte Tasche wurde ins Auto gepackt, mit ganz viel Quetschen ging dann auch die Kofferraumklappe zu und ab ging’s Richtung neue Wohnung. Natürlich nicht ganz sorglos. Ich kannte meine neuen Mitbewohner noch nicht. Wer weiß wie die sind, wie die leben, ob wir miteinander klarkommen.

Bild 1
Ich klingelte mit einem etwas mulmigen Gefühl im Bauch, die Tür ging auf und vier Leute erwarteten mich gut gelaunt in der Küche. „Hallo, wer bist du, was machst du, schön dass du da bist!“ – „Du hast bestimmt viel Gepäck; komm, ich helf‘ dir ausladen.“ – „Hast du Lust auf Inglourious Basterds? Gleich kommen ein paar Freunde vorbei und wir machen einen DVD-Abend.“ Ich musste Lachen und die Gedanken, die mich auf der Fahrt noch beschäftigt hatten, verschwanden sofort.
Es wurde ein richtig schöner Abend. Das Auspacken musste ich auf den nächsten Tag verschieben, weil wir uns nach den Filmen bei Kuchen und Wein noch verquatscht haben. J



Ich hab mich selten gleich am ersten Tag so wohl gefühlt in einer neuen Wohnung. Auch jetzt – nach einer Woche – ist immer noch alles bestens und ich bin fleißig dabei, meine neue Wohngegend zu erkunden. J

30. Juli 2014

6 Monate, 3 Jobs, 1 Stadt, tausend Erlebnisse und viele viele nette Menschen

Das ist die Bilanz des letzten halben Jahres.

Vor sechs Monaten bin ich nach Berlin gezogen, um hier ein Praktikum zu machen. Ich hatte mich gar nicht in Berlin beworben, nur in München, meiner eigentlichen Heimat. Aber wie das Schicksal, oder der Zufall oder wer auch immer, es so wollte, rief mich einen Tag, nachdem ich meine Bewerbungen abgeschickt hatte, eine der Firmen an und bot mir ein Praktikum an ihrem zweiten Standort an. Und der war in Berlin. Ich überlegte kurz (oder auch ein bisschen länger) und hab mir dann (nach stundenlanger Überzeugungsarbeit einiger guter Freunde) gedacht, dass ein halbes Jahr Berlin eigentlich ziemlich spannend klingt. Gesagt, getan, Vertrag unterschrieben, Uni-Beurlaubung für ein Semester eingereicht, Wohnung gesucht und schon saß ich im Auto auf dem Weg nach Berlin.

Als ich ein halbes Jahr zuvor nach Dublin umgezogen war, hatte ich ein richtig mulmiges Gefühl. Fremde Stadt, fremde Leute, fremde Sprache, fremde Uni. Das klang zwar aufregend, aber auch unglaublich beängstigend. Doch in Dublin hab ich schnell gemerkt, dass es mir sehr leicht fällt, mich in neuen Städten zurecht zu finden und dort Leute kennenzulernen. Der Umzug nach Berlin war deshalb kein bisschen beängstigend. Ganz im Gegenteil, ich freute mich sehr auf meine neue WG, mein Praktikum und darauf, neue Leute kennen zu lernen.

Und tatsächlich begeisterte Berlin mich vom ersten Augenblick an. Was genau es ist, das mich an dieser Stadt so fesselt, kann ich immer noch nicht sagen. Manchmal ist es einfach das Gefühl, das ich habe, wenn ich an der Spree entlang spaziere oder mit einem Späti-Bier an der Eastside-Gallery sitze. (Spätis sind übrigens die beste Erfindung ever. In Bayern gibt’s sowas nicht, da wehrt sich die Kirche erfolgreich dagegen. Da macht alles um 8 zu und sonntags findest du höchstens am Bahnhof einen offenen Supermarkt.) Manchmal ist es DER Döner (der in Berlin tatsächlich viel besser schmeckt als in München, Dublin, oder sonstwo auf der Welt) oder DIE Bar oder DER süße Laden um die Ecke. Manchmal ist es Kreuzberg und der Landwehrkanal, manchmal ist es die Nähe zur Ostsee und manchmal ist es die Museumsinsel. Manchmal sind es Dachterrassen, manchmal ist es die Internationalität und manchmal ist es das (wie ich finde sehr beeindruckende) Regierungsviertel. All das und alles, was ich in den letzten Monaten hier erlebt hab, macht Berlin für mich unglaublich liebenswert. Und zwar so liebenswert, dass ich beschlossen habe, länger hier zu bleiben. Ich hab mich also auf die Suche nach einem neuen Praktikum gemacht, Vertrag unterschrieben und einfach nochmal 3 Monate Berlin drangehängt. 


Eigentlich wäre morgen mein letzter Tag in Berlin gewesen. Ich freu mich sehr, dass das nicht so ist.